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GCM 2-2012

GCM 2 / 2012   german council . handel und gastronomie überhaupt. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahr- hundert waren die Städte Knotenpunkte im weitmaschigen Netz der Kaufleute. Toleranz, Talent und Technologie lernten Kaufleute ge- schickt zu kombinieren, lange bevor Richard Florida dies als Nährboden der »Creative Class« entdeckt hat. Kaufleute navigieren in fremden Territorien und Gesellschaften. Sie legen die Basis für Informationsbörsen und Wissens- netzwerke. Handel öffnet die Tür zur Globali- sierung. Mit dem Händler verschmelzen Ratio- nalität, Freiheit und Bürgerstolz in einer Per- son. In ihm erkennen wir das Profil der Moder- ne. Gleichwohl wird in allen relevanten Pro- grammen und Konzepten der Architektur und des Städtebaus des 20. Jahrhunderts der Han- del radikal und bewusst ausgeblendet. Sogar das Warenhaus als eine Ikone der modernen Architektur verschwindet von der Bildfläche: Der merkantile Charakter der traditionellen Marktstadt ist den Protagonisten der funktio- nal gegliederten, durchgrünten und autoge- rechten Stadt der Zukunft zutiefst suspekt. Der industrialisierte Städtebau der Großwohnkom- plexe und Satellitenstädte ersetzt den Markt- platz durch die grüne Mitte. Die Moderne sorgt für Luft, Licht und Sonne, hygienische und gesunde Wohnverhältnisse und einen nicht gekannten Standard an Sicherheit und Komfort. Sie baut Siedlungen, aber Stadt wird daraus bis heute nicht. Insofern kommt der Städtebau der Moderne einer Kapitalvernich- tung des Stadtwertes gleich. Die Vertreibung des Handels aus dem Bau der Stadt hat die Stadtplanung als Disziplin und In- stitution bis heute nicht rückgängig gemacht. Gleichgültig, ob es sich um Shopping Center, Fachmarktzentren oder Discounter handelt, die aktuellen und alltäglichen Formate des Einzel- handels werden nach wie vor als Fremdkörper behandelt, sozusagen als nicht Integrierbare. Überfällig ist daher ein Städtebau des Handels und eine Baukultur des Konsums, wenn die Re- naissance der Stadt von Dauer sein soll.6 Online-Handel macht Stadt wertvoll Das Verhältnis von Stadt und Handel wird von der Debatte um das Shopping Center und des- sen Stadtverträglichkeit geprägt. Dies wird auch noch in Zukunft so sein, denn alle 4 bis 5 Wochen wird in einer deutschen Stadt ein neu- es Center eröffnet. Wie das Warenhaus, für dessen Implantierung auf der grünen Wiese das Shopping Center in den USA einst den Rah- men bildete, ist es ein Kind des Industriezeital- ters und das heißt, es ist standardisiert, raum- greifend, massiv, auf lange Dauer angelegt, aufs Engste verbunden mit dem Auto, hierar- chisch organisiert und als Großstruktur strahlt es »natürliche« Macht aus auf die Umgebung, den Handel, die Kunden, die Bürger. Doch alles hat seine Zeit: Vieles deutet darauf hin, dass die Epoche des Shopping Centers zu Ende geht. Seine paradigmatische Kraft, die avan- ciertesten Methoden und Instrumente der Ra- tionalisierung, Technisierung und Medialisie- rung zu bündeln, muss man heute dem Online- Handel zuschreiben. Er befördert die Laden- struktur und das Warenangebot des Centers in unendliche Größenordnungen. Parallel eröff- nen sich ungeahnte Perspektiven für neue Marktakteure, sich zu profilieren und in den Rang einer Marke aufzusteigen. Mit Smartpho- ne und Tablet-Computer schrumpft das Prinzip Shopping Center auf Taschenformat. Und der Zugang zu Ware und Dienstleistung ist zu je- der Zeit an jedem Ort sicher möglich. Wozu dann noch Stadt? Southgate Place – Bath

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