GCM 4/2015 GERMAN COUNCIL . INHALT balance 28 »Die Welt hat ihre Balance schon verloren.« 34 Ein täglicher Balanceakt 40 Beruflich Profi – privat Amateur? 44 Auf der-Suche-nach-dem-Gleichgewicht 48 Der halbe Marktplatz 52 Starke Partnerschaft vernetzt Angebot und Nachfrage noch intensiver 56 Märchenstunde: Wie Balance in Hameln und Hanau funktioniert 60 Kommentar: Rote Karte für die »Shopping-Wildbahn«! 60 Vision Messebau: Guter Stand allein ist längst nicht alles 62 »Nachhaltigkeit bestimmt unser Handeln« 66 »Können Stärken jetzt noch gezielter zur Geltung bringen« 68 Mit erstem Center-Fonds ins Herz der Innenstadt 70 Kommentar: Branche zu besichtigen 72 Die Balance der Chancen 76 Rechtzeitige Positionierung ist für die Balance entscheidend news 80 Nachrichten recht und gesetz 84 Verträglichkeitsgutachten in der Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren marktplatz – advertorial 86 WISAG 88 First Christmas 89 Sonae Sierra 90 Agentur Randolph Hopp 91 hkm Management AG gcsc mitglieder 92 Termine 2015 / Neue Mitglieder im GCSC 93 Mitgliederverzeichnis 97 Aufnahmeantrag neu im markt – advertorial 99 Eine Innenstadtentwicklung von historischer Dimension 100 Comeback der schönen Kindheitserinnerungen 101 Meilenstein für das Zentrum und die ganze Region bald am start – advertorial 102 Wo Mall und Marke eine »Melange« bilden 103 Shopping-Highlight in Berlins neuem Entertainment-Viertel GCM 4 / 2015 GCM 4 / 2015 GERMAN COUNCIL . BALANCEGERMAN COUNCIL . BALANCE Die Union Investment RE feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Das German Council Magazin sprach dazu mit Dr. Rein- hard Kutscher, der seit November 2009 Vor- sitzender der Geschäftsführung des weltweit tätigen Unternehmens ist. Ihr Unternehmen hat in fünf Jahrzehnten mit ei- nem anfänglichen Grundkapital von gerade ein- mal einer Million DM ein gewaltiges Portfolio geschaffen, das international längst die 25 Milli- arden-Grenze geknackt hat, und investiert inzwi- schen mehr als zwei Milliarden Euro jährlich in neue Projekte und Zukäufe. Wie gelang damals der gute Einstieg und was begünstigte die Fir- menentwicklung? Dr. Reinhard Kutscher: Die Gründungsidee der Co-op Immobilien-Fonds Verwaltungs AG war, dem Sparer, vor allem aus den Reihen der Mit- glieder der Konsumgesellschaften, die Mög- lichkeit zu eröffnen, in Immobilien zu investie- ren. Bis dahin gab es im Nachkriegsdeutsch- land keine entsprechenden Vehikel. Unsere Fonds waren – gemeinsam mit dem iii-Fonds – überhaupt die erste Chance, indirekt in eine ten unserer Fondsmanager. Gut gemanagte Shopping Center verleihen unseren Fonds die von unseren Anlegern gewünschte Stabilität. Die Asset-Klasse Einzelhandel, zu der auch Fachmarktzentren gehören, wurde in allen Fonds von Union Investment – zunächst als Beimischung, später als zweiter Schwerpunkt neben Büroimmobilien – ausgebaut. Der An- teil am Gesamtportfolio liegt derzeit bei rund 30 Prozent. Unser Shopping-Center-Portfolio umfasst heute 46 Center im Wert von rund 7 Milliarden Euro und eine Fläche von circa 1,6 Millionen Quadratmetern. Der entschei- dende Schritt in Richtung Internationalisierung wurde bereits vor zehn Jahren mit Investitio- nen in Belgien, später dann in Spanien, Öster- reich, Italien und Polen unternommen. Heute investieren wir europaweit in diesem Segment. Was glauben Sie – rückblickend auf fünf Jahr- zehnte – hat den Erfolg von Union Investment RE ausgemacht? Dr. Reinhard Kutscher: Unser Geschäftsmodell ist von jeher auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Dazu gehört die Langfristigkeit unserer Enga- gements in den Investitionsmärkten, die Kon- zentration unserer Aktivitäten auf die Werthal- tigkeit unserer Bestände und nicht zuletzt die Pflege von nachhaltigen Beziehungen zu unse- ren Kunden und Geschäftspartnern. Hinzu kommt die Fähigkeit und der Wille, sich lau- fend weiterzuentwickeln. Letztendlich beruht das Erfolgsmodell »Union Investment« in sei- ner Wurzel auf dem genossenschaftlichen Prinzip. Die Kraft und Stärke der genossen- schaftlichen Bankengruppe, die auch in schwe- ren Zeiten für einander einsteht, hat uns die Möglichkeit gegeben, auch in turbulenten Zei- ten auf Kurs zu bleiben. Sie selbst sind seit Ende 2009 Vorsitzender der Geschäftsführung. Was war damals anders als heute? Inwieweit haben Sie sich durch diese Auf- gabe auch persönlich weiterentwickelt? Dr. Reinhard Kutscher: Die Verantwortung für das Immobiliengeschäft von Union Investment »NACHHALTIGKEIT BESTIMMT UNSER HANDELN« Ein Gespräch mit Dr. Reinhard Kutscher, Vorstandsvorsitzender der Union Investment Mehrzahl von Immobilien zu investieren und Renditen aus einem wertstabilen Anlagepro- dukt zu erwirtschaften. In den Anfangsjahren hat sich allerdings niemand vorstellen können, welche Bedeutung diese Kapitalanlageform ei- nes Tages erlangen würde. Begünstig wurde die spätere, dynamische Entwicklung unserer Fonds dann durch unterschiedliche Faktoren oder Meilensteine. Hierzu gehören – ganz wichtig – die Integration der damaligen DIFA in die Union Investment Gruppe, durch die das Geschäft mit den Offenen Immobilienfonds erst richtig Fahrt aufnahm. Und natürlich die neuen Investitionsmöglichkeiten für die Fonds außerhalb Deutschlands, für die der Gesetzge- ber Anfang der 1990er Jahre die Weichen ge- stellt hat. Hierdurch konnte die Strategie der internationalen Diversifikation und Expansion erst umgesetzt werden. Warum liegt Ihr Unternehmensfokus auf Han- delsimmobilien? Dr. Reinhard Kutscher: Handelsimmobilien ste- hen seit Jahrzehnten aufgrund ihrer stabilen Wertbeiträge ganz oben auf den Einkaufslis- Shopping Center »Riviera« in Gdynia (Polen) habe ich bereits 2007 übernommen. Das war eine schwierige Marktphase mit stark rückläu- figen Immobilienmärkten und krisenhafter Zu- spitzung im Zuge der Finanzmarktkrise. Letzt- lich sind wir aus der Krise gestärkt hervorgegangen und sind gerade in der Zeit ab 2009 besonders dyna- misch gewachsen. Das Bewältigen von Rückschlägen, aber auch von starken Wachstumsphasen, hat auch mich persönlich geprägt. Hinzu ka- men in den letzten Jahren die Heraus- forderung eines viel stärker akzentu- ierten institutionellen Geschäfts und der fortschreitenden Digitalisierung der Geschäftsprozesse. Können Sie uns eine Einschätzung geben, wie sich das Verhältnis Investoren gegenüber Center- Entwicklern verändert hat und was Anleger und Banken bei Invests in Handelsimmobilien heut- zutage erwarten? Dr. Reinhard Kutscher: Auf der Investorenseite dürfte sich das Know-how rund um die Asset- Klasse Einzelhandels-Immobilie in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben. Das führt zu einem noch intensiveren Austausch mit den Entwicklern, von denen übrigens auch die Center-Management-Kompetenz erwartet wird. ©FoncièreEuri Dr. Reinhard Kutscher ist seit Ende 2009 Vorsitzender der Geschäftsführung von Union Investment Real Estate Die Herausforderungen durch den Online-Han- del bringen es mit sich, dass Entwickler und Be- treiber heute viel mehr Kreativität und Spürsinn für die nachhaltigen Veränderungen im Kun- denverhalten mitbringen müssen, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war. Union Investment ist weltweit aktiv und seit Kurzem sogar in Australien. Wie sieht Ihre internationale Strategie aus? Was ist hier wichtig für Sie? Dr. Reinhard Kutscher: Australien ist ein absoluter Core-Markt für Immobi- lien. Hier fühlen wir uns trotz der großen Dis- tanz zu unserem europäischen Heimatmarkt sehr wohl. Denn hier treffen vertraute westli- che Standards auf die Wachstumsstory der Re- gion Asien-Pazifik. Zu den Vorzügen des aus- ›Zunehmendes Online-Geschäft hat zu mehr Kreativität und Spürsinn für die nachhaltigen Veränderungen im Kunden- verhalten geführt.‹ Dr. Reinhard Kutscher 72 Die Balance der Chancen62 »Nachhaltigkeit bestimmt unser Handeln« GCM 4 / 2015 GCM 4 / 2015 GERMAN COUNCIL . BALANCE GERMAN COUNCIL . BALANCE »Wer in Deutschland attraktive Innenstädte will, muss Wettbe- werbsbeschränkungen für den stationären Handel abbauen.« Das klingt zunächst banal und wie eine der vielen Forderungen, die Ver- bände an die Politik richten. Doch der Appell des Zentralen Immo- bilien Ausschusses (ZIA) betrifft neben den eigenen wirtschaftlichen Belangen vor allem die Lebensqualität unserer Städte. »Wenn wir diese Entwicklung verschlafen und die Weichen falsch stellen, könnte der wachsende Online-Handel unsere Innenstädte veröden«, befürchtet Iris Schöberl, Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Handel und Kommunales. Für sie geht es dabei nicht um Vorteile für die eigene Klientel, sondern um faire Chancen für den stationären Einzelhandel. Denn gesetzliche Vorgaben verhindern laut Schöberl vielfach, dass die traditionellen Un- ternehmen ihrer Internetkonkurrenz auf Augenhöhe begegnen kön- nen. Setze sich der Trend fort, würde das für die Städte als Handelszen- tren gravierende Nachteile haben. Zwar gelten die stationären Geschäf- te noch immer als wichtigste Säule des Einzelhandels, doch die Online- Konkurrenz macht ihnen seit Jahren immer stärker zu schaffen. Der Online-Handel legt im Vergleich zum klassischen Ladeneinzelhan- del weiter zu. Im Non-Food-Bereich hat sein Marktanteil laut GfK 15,3 Prozent erreicht. Tendenz weiter steigend: So rechnet die GfK bis zum Jahr 2025 mit einem weiteren Anstieg des Non-Food-Online-Handels auf rund 25 Prozent. Das bestätigt auch eine aktuelle forsa-Umfrage, die der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) in Auftrag gegeben hat. Demnach spricht das Online-Shopping gerade jüngere Konsumenten immer stärker an. Die traditionellen Einzelhändler experimentieren da- her mit zunehmendem Erfolg mit neuen Konzepten, die den Online- Handel mit dem stationären Handel verbinden. Die Entwickler und Be- treiber von Einzelhandelsimmobilien reagieren mit flexibel anmietba- ren und nutzbaren Flächen. Einzig Politik und Verwaltung stehen laut ZIA noch auf der Bremse. Starre und umfangreiche Regulierungen be- nachteiligen den stationären Einzelhandel gegenüber dem Online-Han- del und hindern ihn daran, den Strukturwandel zu bewältigen und die Marktplatzfunktion der Städte aufrecht zu erhalten. Das sind die zentra- len Ergebnisse einer Online-Pressekonferenz des ZIA. Manuel Jahn, Leiter des Bereichs Consulting bei GfK Geomarketing und Mitglied des Rates der Immobilienweisen, bestätigt, dass der Anteil des Ladeneinzelhandels am Konsum weiter stetig abnimmt. Bis 2011 lag er bei über 25 Prozent, 2015 fällt er erstmals deutlich unter 24 Prozent. Der Online- und Versandhandel lag umgekehrt bis 2011 unterhalb der 2-Pro- zent-Marke und steigt bis 2015 deutlich auf 3 Prozent. Trotz des An- stiegs erreicht der Online-Anteil laut Jahn »insgesamt noch keine be- sorgniserregenden Anteile.« »Der Online-Handel wie auch andere Facetten des Strukturwandels er- höhen allerdings ganz generell bestehende Disparitäten. Während der innerstädtische Einzelhandelsumsatz in der Gruppe der Großstädte über 100.000 Einwohner zwischen 2010 und 2014 um circa 7 Prozent gestie- gen ist, ist er in den Stadtteillagen sowie vielen kleineren, erodierenden Städten umso stärker zurückgefallen«, erklärt Jahn. Johannes Ferber, Geschäftsführer der IKEA Verwaltungs GmbH, sagt: »Wer im Einzelhandel auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss flexi- bel genug sein, den Kunden selbst entscheiden zu lassen, wann, wo und wie er einkauft. IKEA wird neben dem Ausbau seines E-Commerce-Ange- bots auch weiterhin in neue Einrichtungshäuser investieren, um das DIE BALANCE DER CHANCEN Immobilienwirtschaft fordert Fairness zwischen stationärem Einzelhandel und E-Commerce IKEA Sortiment für seine Kunden besser erreichbar zu machen. Dafür ist Planungssicherheit hinsichtlich der genehmigungsrechtlichen Rah- menbedingungen und Chancengleichheit gegenüber dem Online-Han- del die wichtigste Voraussetzung.« Der Möbel- und Einrichtungsriese IKEA hat sein E-Commerce-Angebot deutlich erweitert und verzeichne- te darin allein 2014 ein anteiliges Umsatzplus von rund 58 Prozent. »Wo Handel ist, leben Menschen und es entstehen gesunde und leben- dige Innenstädte. Wir müssen jetzt eine intensive und breite öffentli- che Diskussion über die Chancengleichheit und Fairness zwischen On- line-Handel und stationärem Handel in Deutschland bekommen. Die über viele Jahrhunderte gewachsene enge Verzahnung zwischen Han- del und Innenstadt droht aktuell aus dem Gleichgewicht zu geraten. Das Shopping Center versteht sich als moderner, vielseitiger Marktplatz mit guten Voraussetzungen, Online und Offline erfolgreich zu verbin- den«, erklärt Klaus Striebich, Vorsitzender des German Council of Shop- ping Centers. Er begrüßt, dass die Politik die Situation erkannt und eine »Dialogplatt- form Einzelhandel« ins Leben gerufen hat. Das Gremium, dem unter anderen Vertreter von Handelsverbänden, Gewerkschaften, Unterneh- men, Wissenschaftler sowie Vertreter von Ländern und Kommunen an- gehören, soll zweimal jährlich tagen und Lösungsmöglichkeiten für Probleme beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung und techno- logische Herausforderungen, Perspektiven für lebendige Städte sowie für Fragen der Wettbewerbspolitik suchen. Während der Treffen müssen dann laut Striebich auch bestehende Sorti- mentsbeschränkungen für den stationären Handel diskutiert und neu bewertet werden. Als diese Restriktionen vor Jahrzehnten eingeführt wurden, sollten sie durch gezielte Ansiedlungs- und Sortimentsvorga- ben Händler vor Konkurrenz schützen und zudem einen Wildwuchs im Handel verhindern. »Heute hat sich das Ganze allerdings ins Gegenteil verkehrt«, meint auch Iris Schöberl, »denn der Online-Handel und die damit verbunde- nen Logistikimmobilien unterliegen keinerlei Beschränkungen.« Wie Schöberl stellt auch Striebich klar, dass man nicht generell gegen Sorti- mentsbeschränkungen sei. Diese müssten allerdings »angesichts der veränderten Rahmenbedingungen zumindest auf den Prüfstand gestellt werden.« Iris Schöberl, die hauptberuflich Geschäftsführerin bei F&C Reit Asset Management ist, hat bereits Vorschläge, wie eine »Sortimentsbeschrän- kungen mit Augenmaß« aussehen könnte. Denkbar wäre ihrer Meinung nach, dass für Beschränkungen ein »automatisches Verfallsdatum« ein- geführt werde. Dann müssten Kommunen regelmäßig prüfen, ob ent- sprechende Gründe noch vorliegen. Interessante Möglichkeiten des Einkaufens 3 Welche Möglichkeiten des Einkaufens würden Sie in Anspruch nehmen? Quelle: FORSA – Meinungen zum Einkaufen 13 22 35 42 47 57 nichts davon Lebensmittel zu festen Zeiten nach Hause liefern Online bestellen und im Geschäft abholen Einkauf und Erlebnis verbinden im Geschäft bestellen und nach Hause liefern lassen Online bestellen und nach Hause liefern lassen Gesamt 19 16 21 41 37 35 7 29 56 46 60 80 18- bis 29-Jährige 60-Jährige und älter in Prozent (Mehrfachnennungen möglich) 04.09.2015 Online-Pressekonferenz am 04.09.2015 lassen Maßnahmen des Handels gegen schlechte Umsätze 2 Was können die kleinen und mittelgroßen Ladengeschäfte gegen schlechtere Umsätze tun? Quelle: FORSA – Meinungen zum Einkaufen 9 24 40 60 nichts, weiß ich nicht längere Öffnungszeiten größeres Angebot an Waren/ Dienstleistungen besserer Service/ bessere Beratung Gesamt 14 18 35 58 4 39 50 61 18- bis 29-Jährige 60-Jährige und älter in Prozent (Mehrfachnennungen möglich) 04.09.2015 Online-Pressekonferenz am 04.09.2015 Online oder Offline? In der TdI-Innovationsschmiede am Tag der Immobilienwirtschaft diskutierte Klaus Striebich, Vorsitzender des GCSC-Vorstandes, gemeinsam mit Iris Schöberl, Vorsitzende des ZIA Ausschusses Handel und Kommunales, zusammen mit rund 60 Teilnehmern das spannende Thema »Retail Innovation – Was der Kunde morgen vom Handel erwartet«. ©ZIA