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GCM 4-2015

 GCM 4/2015 GERMAN COUNCIL . BALANCE Wahre Meister der Balance sind fast alle Mit- glieder der berühmten Traber-Familie, die seit dem Jahr 1799 ununterbrochen Hoch- seilartistik präsentiert. Ursprünglich han- delte es sich um eine Künstlerfamilie aus der badisch-elsässischen Gegend. Erstmals ur- kundlich erwähnt wurden die Trabers be- reits 1406. Heute sind sie in Vogtsburg im Kaiserstuhl und in Breisach am Rhein in Ba- den ansässig, halten Höhen- und Längen- weltrekorde. Das German Council Magazin fragte den 62-jährigen Johann Traber in einem Exklusiv-Interview, welche Bedeu- tung das Gleichgewicht in seinem Leben spielt und manches mehr. Bei Ihrem Beruf spielt das Gleichgewicht, die Balance die entscheidende Rolle. Wie lernt man eigentlich, das Gleichgewicht besser als andere zu halten? Johann Traber: Von frühester Jugend an. Ich bin schon mit sechs Jahren das erste Mal allein entierungspunkte gesucht, was besonders für die Aktion bei Dunkelheit sehr hilfreich ist. Das schafft Vertrauen. Wann haben Sie zuletzt auf dem Seil gestan- den? Johann Traber: Erst wenige Tage zuvor in Bad Winsen bei einer Jubiläumsveranstaltung. Wir sind aber eigentlich immer »auf Draht« und das ja auch international. Apropos Draht, woraus genau sind denn die Seile gemacht, über die Sie und die anderen Familienmitglieder laufen? Johann Traber: Das Seil ist ein 14 mm-Draht, 6 Stränge á 37 Drähte. Das gibt eine besondere Elastizität, lässt sich gut binden und verankern und hat eine hohe Bruchfestigkeit. Was war ihre größte sportliche Prüfung bzw. Herausforderung? Johann Traber: Mein Onkel Alfred, der Bru- der meines Vaters, hat 1953 auf dem Seil die Zugspitze bezwungen. Das war für mich ein riesiger Ansporn. Auch ich wollte es schaffen, Deutschlands höchsten Berg auf diese Weise zu erobern. Und habe es dann später auch ge- schafft. Und Ihre größte private? Johann Traber: Das tragische Unglück meines Sohnes, der aufgrund eines Materialfehlers stürzte und erst einmal fraglich war, ob er dies überhaupt überleben würde. Ich hab damals mit dem lieben Gott einen Deal gemacht und gesagt, ich baue dir eine Kapelle, wenn du ihn leben lässt. Beides ist eingetreten. Ich glaube, ich kann sagen, dass meine Familie schon im- mer einen »guten Draht nach oben« hatte. Man muss ja irgendwie einen Halt haben und was liegt da näher, wenn das Seil fast in den Himmel ragt, diesen beim lieben Gott zu su- chen. Meinem Sohn geht es den Umständen entsprechend wieder gut, aber seine bis dahin sehr erfolgreiche Seilkarriere war damit leider beendet. EIN TÄGLICHER BALANCEAKT Johann Traber im Exklusivinterview über Höhen und Tiefen auf dem Hochseil und das Gleichgewicht im Leben auf dem Hochseil, 22 Meter über dem Boden gelaufen – allerdings noch mit Sicherheitsnetz darunter. Eine wichtige Rolle dabei spielte na- türlich mein Vater, was in Bezug auf das Ver- trauen ganz entscheidend war. Manche mei- nen ja, ich hätte das Gleichgewichtsgefühl in die Wiege gelegt bekommen, aber in Ergän- zung zu einem gut ausgeprägten Ohr, unse- rem wichtigen Orientierungsorgan, ist das re- gelmäßige Trainieren mit einer Balancierstan- ge ausschlaggebender. Wir nennen diese gern die »Flügel des Artisten« – und damit war nicht nur ich in meiner Familie bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Übung. Was spielt neben dem körperlichen Geschick noch eine Rolle. Wie wichtig zum Beispiel ist die Atmosphäre, die Umgebung? Johann Traber: Wenn wir an einem Auftritts- ort aufgebaut haben, war es uns immer wich- tig, die Kulisse mit allen Sinnen wahrzuneh- men. Wir haben uns dann immer drei, vier Ori- Johann Traber ganz cool kurz vor seiner Motorradfahrt über das Hochseil. ©HanjoSchumacher

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