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GCM 1-2016

  GCM 1 / 2016 GERMAN COUNCIL . politische arbeit darauf abzielte, den Weiterverkauf der Pro- dukte durch den Großhandel auf bestimmte Gruppen von Einzelhändlern zu beschränken. Der Hersteller hatte für den Weiterverkauf durch den Großhändler an stationäre Fachein- zelhändler zusätzliche Rabatte gewährt und dadurch den wirtschaftlichen Anreiz gesetzt, hauptsächlich an den Facheinzelhandel wei- terzuverkaufen. Die Anwendung der Vorschriften über die Missbrauchskontrolle (§§ 18 ff. GWB und Art. 102 AEUV) dürften so lange nicht anwendbar sein, als den Online-Unternehmen nicht eine marktbeherrschende Stellung nachgewiesen wird und ferner, dass diese eine solche Stel- lung ausnutzen. Auch die Vorschriften des UWG über personalisierte Werbung und ver- steckte Preisnachlässe greifen wohl in der Re- gel nicht ein. Eine spürbare Kostenbelastung für den On- line-Handel könnte aber sicherlich eine Stra- ßenmaut für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t Ge- samtgewicht erbringen. Nach der EU-Richtli- nie 1999/62/EG bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, von PKW, Omnibus und kleinsten LKW Straßenbenutzungsgebühren unter Be- rücksichtigung der allgemeinen Beschränkun- gen des AEUV zu erheben. Wenn die Maut für Sprinter für die generelle Straßenbenutzung erhoben werden sollte und nicht lediglich auf den Anwendungsbereich des Bundesfernstraßenmautgesetzes be- schränkt würde, dann müssten neben dem Bund auch die Länder oder im Rahmen der Selbstverwaltung möglicherweise auch die Gemeinden im Rahmen ihrer Gesetzgebungs- kompetenz tätig werden. »Momentan sieht sich die Landesregierung jedoch nicht veran- lasst, reglementierend auf die verkehrlichen Folgen der neuen bzw. im Entstehen befindli- chen Konsum- oder Versorgungsangebote zu reagieren« (Bericht zu TOP »Verkehrsproble- me in den Innenstädten in NRW durch den Online-Handel« des MBWSV Mai 2014). Umfragen belegen, dass der Verbraucher im Hinblick auf Retourenpauschalen besonders sensitiv reagiert. »Verlangen nur einige On- line-Shops eine Gebühr, würden 39% der Be- fragten zu einem anderen, gebührenfreien Anbieter wechseln. Selbst dann, wenn Online- Shops zwar eine Retourengebühr verlangen, aber Waren zu einem geringeren Preis ver- kaufen als ihre Wettbewerber, würde dies nur zu 20 % der Konsumenten von einem Wechsel zur gebührenfreien Konkurrenz abhalten.« Derzeit ist in § 357 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 BGB geregelt, dass der Verbraucher die un- mittelbaren Kosten der Rücksendung der Wa- ren trägt, wenn der Unternehmer den Ver- braucher von dieser Pflicht unterrichtet hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, die Kosten zu tragen. Das bedeutet also, dass der Unternehmer den Verbrauchern die Kosten für die Rücksendung der Ware auferlegen »kann«, aber nicht muss. Der Eingriff in die Preisgestaltung scheint dementsprechend empirisch besonders ge- eignet, die Marktmacht des Online-Handels zu limitieren. Ob solche zwingenden Rege- lungen wettbewerbsrechtlich zulässig wären, bedürfte sicherlich sorgfältiger Prüfung. Erleichterungen fr den stationren Handel? Schließlich könnte der Gesetzgeber erwägen, den stationären Handel dadurch zu stärken, dass er die unter vorstehend II. beschriebe- nen rechtlichen Einschränkungen für die An- siedlung von großflächigen Einzelhandelsein- richtungen erleichtert. Ob der Gesetzgeber sich tatsächlich ent- schließen würde, einem Trend »zurück auf die grüne Wiese« Vorschub zu leisten, er- scheint zweifelhaft. Auf der Ebene des Bauge- setzbuchs besteht für die planende Kommune im Einzelfall ohne Weiteres die Möglichkeit, bei entsprechender städtebaulicher Rechtfer- tigung eine dezentrale Ansiedlung zu planen, etwa am Rande eines zentralen Versorgungs- bereichs, etwa weil dort die örtlichen Gege- benheiten geeignet erscheinen und inner- halb des zentralen Versorgungsbereichs kei- ne entsprechenden Ansiedlungsflächen zur Verfügung stehen. Im Rahmen der kommuna- len Bauleitplanung kommt den Verträglich- keitsgutachten eine sehr wichtige Rolle zu. Auch hier gilt es, die Einflüsse des Online- Handels auf die Wettbewerbsfähigkeit des stationären Handels zu berücksichtigen und dem stationären Handel bezogen auf die Art der Sortimente und deren Umfang die nöti- gen Flächen zuzubilligen, um sich gegenüber dem immer weiter wachsenden Online-Han- del wettbewerbsfähig zeigen zu können. Der zentrale Regelungsansatz liegt aber si- cherlich auf der Ebene des Landesplanungs- rechts und damit bei den Landesgesetzge- bern. Regelungen wie in den Regionalplänen Baden-Württembergs lassen praktisch keine Flexibilität zu, Einzelhandelsansiedlungen mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb der Vorranggebiete anzusiedeln. Gleiches gilt für Ziel 2 des sachlichen Teilplans großflächiger Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen, der sol- che Ansiedlungen nur in zentralen Versor- gungsbereichen zulässt. Im Einzelfall bieten derzeit Zielabweichungs- verfahren die Möglichkeit, solche starren lan- desplanerischen Vorgaben im Einzelfall flexi- bel anwenden zu können. Dies setzt aber die Bereitschaft der Landesplanungsbehörden vo- raus, von diesen Instrumentarien auch Ge- brauch zu machen. Fazit Der Online-Handel als neue Erscheinungs- form des Einzelhandels findet kein rechtliches Instrumentarium vor, das auf ihn »passt« und seine spezifischen Handlungsformen regelnd erfasst. Die derzeit in Arbeit befindliche Stu- die des HDE und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- heit verfolgt den richtigen Ansatz, nämlich zu- nächst einmal empirisch die Sachverhalte zu erfassen, um darauf aufbauend über gesetz- geberische Maßnahmen nachzudenken. In der Zwischenzeit obliegt es insbesondere den Planungsbehörden, wie vorstehend auf- gezeigt, die planungsrechtlichen Instrumenta- rien im konkreten Einzelfall zu nutzen, um den stationären Handel gegenüber dem On- line-Handel durch adäquate Flächenauswei- sungen zu stärken. Vorrangig ist es aber – außerhalb der rechtli- chen Betrachtungsweise – primär Aufgabe der Handelsbranche, sich dem Markt zu stellen, und dem Omni-Channel-Ansatz zu folgen und den reinen Online-Händlern durch eigene Ein- kaufserlebnisse Paroli zu bieten. Ein Gastbeitrag von Dr. Johannes Grooterhorst, Grooterhorst & Partner Rechts­ anwälte & - Beiratsmitglied Dr. Johannes Grooter­ horst ist Mitglied im GCSC-Expertenkommi­ tee »Politische Arbeit«.

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