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GCM 4-2016

  GCM 4 / 2016 GERMAN COUNCIL . Effizienz Am Anfang war die Selbstständigkeit. Dann brachten Dampfmaschine und Elektrizität das industrielle Zeitalter. In dem konzen- trierten sich Produktionsmittel und Arbeiter unter Fabrikdächern. Großunternehmen ent- standen und wuchsen fortan, skizziert Bene- dict Dellot auf der Internationalen Handels- tagung des GDI die Industrialisierung. Vor- dergründing vollzog Technologie den Pro- duktivitätssprung, hintergründig intellektu- elle Kraft: Arbeit wurde effizient organisiert, Produktivität messbar. Maßstäbe, die bis heu- te unsere Vorstellung von Wirtschaftlichkeit dominieren. Aber sind sie auf das Zeitalter der Vernetzung übertragbar? Oder steht pros­ perierenden Nationen ein zweites Zeitalter der Selbstständigkeit bevor? Entstehen neue Formen des Wirtschaftens?, regt der Sozial- forscher zur Hinterfragung des Status quo an. noch heute zu. »Kuznet liegt falsch«, plädiert Dellots dafür, dass Digitalisierung die Basis der Selbstständigkeit einschneidend verändert. Zu- dem steigt das Bildungsniveau der Kleinstun- ternehmer, in UK etwa verdoppelte sich die Quote der Hochschulabsolventen. Außerdem herrscht in Minifirmen nachweislich die höchste Arbeitszufriedenheit, selbst da, wo weniger verdient wird. Und auch an den har- ten ökonomischen Kriterien Produktivität, In- novation und Beschäftigung gemessen spricht viel dafür, dass das BIP nicht zwangsläufig schrumpft. Allerdings gilt es, die industrielle Wirtschaftlichkeitsvorstellung anzupassen. In puncto Produktivität etwa vollzog sich ein Wandel von der Industrie- zur Servicegesell- schaft. Entsprechend boomt Selbstständigkeit in UK am stärksten im Sektor Gesundheit, Pfle- ge und Bildung. Erfolg steht und fällt hier mit Beziehungsaufbau, Empathie oder Intimität – Faktoren also, die hergebrachte Maßstäbe wie das Gesetz großer Massen oder Output pro Ar- beiter unberücksichtigt lassen. Entsprechend schwer fällt der Vergleich. Zweitens steigt die Innovationskraft. Allerdings überholten in 2000 die immateriellen Erfindungen die mate- riellen. Häufiger als Geräte und Apparate kom- men heute neuartige Fitnessprogramme oder Musikarten auf den Markt. Das entgeht Be- trachtungen, die nur Patente und Markenein- träge als Kriterien anlegen. Drittens sorgen die Kleinstfirmen statistisch gesehen für mehr Be- schäftigung. Unklar jedoch ist, wie viele von denen noch größer werden. Volksbedrfnisse erfllen Worauf Dellot hinaus will: Verändert sich die Gesellschaft, müssen die Produktionsbedin- gungen folgen! Das Paradigma maximaler Pro- dukte und Patente erfüllt, überspitzt gesagt, die Bedürfnisse industrieller, nicht aber wohl- ständiger Gesellschaften. Diese verlangen mehr Qualität, Vielfalt und Auswahl. Materiel- le Dingen verlieren, immaterielle gewinnen an Ertragreich anders Selbstständigkeit boomt. Benedict Dellot von der Royal Academy of Arts untersucht das Phänomen und stellt fest: Kleinstfirmen produzieren zeitgemäßer. Doch Megakonzerne könnten den tiefgreifenden Wandel der Arbeitsverhältnisse stoppen. Gewiss ist, Digitaltechnik ermöglicht dezentra- les Arbeiten und macht es erschwinglich. Und neue Geschäftsmodelle wie Plug & Pay, das Zahlen pro Nutzung statt für Produkte, beflü- geln den Wandel. Deshalb erlebt Selbststän- digkeit in Form von Microfirmen bis zu neun Mitarbeitern eine Renaissance. 1,7 Mio. mehr Selbstständige als in 2000 sind es allein in UK. Doch sind produzierende Massen statt Mas- senproduktion auch ökonomisch sinnvoll? Irrige Produktivitt Nobelpreisträger und Ökonom Simon Kuznet wäre vermutlich skeptisch. Nach seiner Theo- rie wächst das Brutto-Sozialprodukt immer dann, wenn Kleinstfirmen abnehmen. Und weil arme Länder hohe Selbstständigkeitsquo- ten haben, stimmen ihm viele Ökonomen © Sandra Blaser Benedict Dellot

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