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GCM 4-2013

  GCM 4 / 2013 GERMAN COUNCIL . leidenschaft Was Online nicht kann Ein Blick von außen Dank Internet müssen die Menschen nicht mehr in Läden einkaufen. Aber sie wollen. Bei Mark Twain gibt es Lebenshilfe für ungewisse Zeiten: »Als wir die Orientierung verloren, verdoppelten wir unsere Anstrengung«. Soll heißen: Zunächst sehen, wohin die Reise geht, erst dann rudern. Die Geschichte des Einzelhandels kennt Phasen, in denen man ziem- lich uneins war über die Richtung. Als in den 60er-Jahren immer mehr Leute Autos fuhren, wurde der Kofferraum zur Einkaufstasche. Mas- senkonsum stand an, die Preisbindung fiel. Etablierte Kreise zogen gegen die neuen Großflächen und Discounter in den Kampf. Vergeb- lich, wie man schon damals hätte wissen können. Als in den 80er-Jahren zunächst internationale Textilunternehmen alle Prozesse von der Beschaffung bis zum Verkauf im Laden zusam- menführten und damit das Geschäftsmodell der Branche völlig neu erfanden, riefen breit aufgestellte Anbieter zur Beruhigung auf. »Ni- schenkonzepte! Ein Benetton und ein Biba bringen uns nicht um.« Aber Esprit hierzulande, Next in Großbritannien und GAP oder The Li- mited in den USA waren nur die Vorläufer einer Revolution: schneller, damit modischer. Effizienter, damit preiswerter. Spezialisiert, damit klarer und attraktiver für den Kunden. Und leichter zu multiplizieren, damit auf Expansion zugeschnitten. Man hätte es schon damals wis- sen können. Als die TextilWirtschaft 1992 die ECE mit dem Forum-Preis auszeich- nete, grummelte es im Saal. Wieder traten neue Wettbewerber auf den Plan, mit dem Shopping Center diesmal Anbieter von Standorten, die neue Konkurrenz anlockten. Die neuen Filialisten wollten ihre La- dennetze ausrollen. Die Kongresse des German Council in Berlin bo- ten in Kooperation mit der TW die Bühne zur Präsentation und Debat- te von Einzelhandelskonzepten und Marken, ob potenzieller Mieter oder nicht. Das reichte von der Metro bis Eickhoff, von Breuninger oder Wöhrl bis Nike oder dm. Oder wie in diesem Jahr von Globetrot- ter oder Butlers bis Tally Weijl. Und heute? Wieder neue Konkurrenz? Natürlich: Online, Einzelhan- del ohne Läden. Den gab es allerdings schon immer. Deutschland war ein starkes Versenderland mit Otto, Quelle, Neckermann und vielen Spezialisten. 5 % Marktanteil hatte hierzulande der Versand, als es noch kein Internet gab. Das hat sich dank Online verdoppelt. Bei Tex- tilien waren es im Vorjahr bereits über 16 %. Allerdings lag der Textil- anteil im Versand schon bei 12 bis 13 %, bevor das Internet kam. Es gibt offenbar ein beachtliche Gruppe von Kunden, die schon immer Bekleidung am liebsten per Versand kaufte. Was wird nun aus den Läden, wenn der E-Commerce so weiter wächst? Werden Fußgängerzonen oder Shopping Center zu Abholsta- tionen für Online-Bestellungen? Zu Showroom-Galerien für anschlie- ßende Online-Käufe? Für Waren-Theater, weil die Kunden unterhal- ten werden wollen? Umstellt von Coffee Shops und Internetcafés? Si- cherlich nicht. Aber die Strukturen und damit der Auftritt werden an- ders sein. Jede Sparte geht einen eigenen Weg. Dreht es sich um Bü- cher? Um Schuhe? Bekleidung? Um Lebensmittel? Kosmetik? Um Hochpreisiges oder Billiges? Um Dienstleistungen wie Tickets für Bahn oder Urlaubsreise? Es gibt völlig verschiedene Prognosen. Wir halten es mal wieder mit Mark Twain. Er musste einmal eine Zeitungsmeldung korrigieren: »Die Nachricht über meinen Tod war weit übertrieben.« Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass viele Menschen auch in zwanzig Jahren in Geschäften einkaufen werden. Wie das? Es gibt doch – siehe oben – eindringliche Beispiele, wie die Gefährdung durch neue Konkurrenz verharmlost wurde, weil man sie nicht sehen konnte oder wollte. Alle gesellschaftlichen oder technologischen Umbrüche haben den stationären Einzelhandel verändert, aber nicht überflüssig gemacht. Die Läden sehen heute anders aus als vor 20 Jahren und werden künf- tig wieder anders aussehen. Sie werden Teil einer Kommunikation sein, die Offline und Online integriert. Marken werden hoffentlich den selektiven Vertrieb im weltweiten Netz gerettet haben. Vor allem im Sportmarkt werden ja derzeit Entscheidungen dazu getroffen. Konzepte werden sich schneller ändern. Nicht ohne Grund setzen 20©apops–Fotolia.com

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