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GCM-3-2015

  GCM 3 / 2015 GERMAN COUNCIL . vision wir Tun nichts weiter, als mit brennender Leidenschaft zu spielen Interview mit Albert Schmitt, Managing Director der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, der mit seinem Orchester völlig neue Wege beschritt Fast hätte ihre Vision leidenschaftlichen Mu- sizierens die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen finanziell ruiniert. Um das Ende zu verhindern, entschieden die Musiker, Orche- stermodell der Zukunft zu werden. Ein Lehr- stück, Unvereinbares zu vereinen. Albert Schmitt, Managing Director, erzählte dem German Council Magazin, wie mit unge- wöhnlichen Methoden Unmögliches möglich werden kann. Herr Schmitt, bis 1999 waren Sie Profimusiker bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bre- men. Dann retteten Sie »ihr« Orchester vor der Pleite. Wie kam es dazu? Albert Schmitt: Es war pure Verzweiflung. Wir hatten 1,5 Millionen Euro Schulden bei einer Million Kreditlinie und rechneten jeden Tag da- mit, dass uns der Gerichtsvollzieher den Ku- ckuck auf die Instrumente klebt. Ich wollte nicht tatenlos zuschauen, wie ein Orchester stirbt, das auch für mich persönlich zu bedeut- folgte Einsteins Out-of-the-Box-Ansatz, nichts an- deres ist hier passiert! Einmal die Perspektiven gewechselt und ver- schiedene Wirtschaftsbetriebe eingehend analy- siert, war klar: Wir brauchen unabhängiges Con- trolling, flexible Kosten- und Programmstruktu- ren sowie kontinuierliche Marken- und Pressear- beit. Nur ein starkes Image macht uns für Partner aus der Wirtschaft interessant. Heute finanzieren wir 71 Prozent unserer Kosten mit Konzerten, CD-Verkauf, TV-Rechten oder Organisationsent- wicklungsprodukten, Spenden und Sponsoring, zehn Prozent sind in der Branche üblich. Nun sind klassische Orchester keine typischen Adressaten für Cultural Sponsoring. Auch das änderten Sie. Albert Schmitt:  Nein, noch nicht wirklich. Im Gegensatz zu den USA sind Sponsoring, Fund- raising oder Planned Givings hierzulande noch längst keine Selbstverständlichkeit. Zwar däm- mert es in Deutschland, dass die Kultursubven- tionen nicht aufrechtzuerhalten sind, doch nur wenige begreifen, dass die Kultur nun Firmen- gelder oder private Zuwendungen braucht, um zu überleben. Viele Unternehmen finden unsere Idee der al- ternativen Finanzierung sympathisch. Sie spü- ren, dass die wirtschaftliche Eigenverantwor- tung den Geist unserer Musiker jung hält. Doch Zuwendungen kommen vor allem von lo- kalen Unternehmen. Unser längster und treu- ester Sponsor ist die Sparkasse Bremen. Und Mittelständler, die wie wir Global Player sind. Ob Käfer Isoliertechnik oder die Bremer Logis- tikgruppe – sie erfahren: Laden wir zu Konzer- ten ein, kommen die Topentscheider. In Tokio etwa wird in Sachen Beethoven keiner besser bewertet als wir. Aber für Unternehmen ist nicht das Bühnenprogramm entscheidend, sondern der Mehrwert fürs Geschäft. 2008 erhielt Die Deutsche Kammerphilharmo- nie Bremen den Deutschen Gründerpreis. Die- sam ist. Musikalisch waren wir damals schon Weltspitze. Aber wirtschaftlich besaß unsere Organisation einen grundlegenden Webfehler. Musikalisch hatten Sie Erfolg, schrieben aber tiefrote Zahlen? Albert Schmitt: Wissen Sie, der Musikmarkt ist speziell, so wie auch das Orchester. Entstan- den sind wir aus der früheren Studentenelite der klassischen Orchester. Die trifft sich zwei- mal im Jahr, um leidenschaftlich zu musizie- ren. Mit Überschreitung des Förderalters sollte Schluss damit sein. Das wollte der harte Kern nicht hinnehmen. Damals, muss man wissen, lag die Berufszufriedenheit von Orchestermu- sikern gleich hinter der von Gefängniswärtern. Also nahmen wir unser Schicksal selbst in die Hand! Wir gründeten unser Orchester, spielten die Musik, die wir wollten, mit dem Dirigenten unserer Wahl – und wussten, das ist so fantas- tisch, dass wir Erfolg haben! Eine wesentliche Kleinigkeit hatten wir dabei übersehen: Alle anderen Orchester unserer Liga sind zu 90 Prozent subventioniert! In hochsubventionierten Märkten können sie aber niemals kostendeckend arbeiten. Mit der Nachfrage stieg die Verschuldung – der Erfolg war unsere größte Gefährdung. Immer dichter folgten Überschuldungskrisen. Statt aber das strukturelle Problem an den Wurzeln zu pa- cken, stopften wir die Löcher, so gut es ging, mit einmaligen Geldzuwendungen. Als Kontrabassist ohne Wirtschaftsausbildung tilgten Sie eine dreiviertel Million Euro Schul- den in zwei Jahren. Woher wussten Sie, was zu tun ist? Albert Schmitt: Eigentlich lag die Lösung schon offen vor mir. Wir hatten uns 1997 als GbR mit heute 41 Eigentümern gegründet: Warum also führten wir sie nicht so? Damals war diese Er- kenntnis unerhört. Rechtlich waren wir Unter- nehmer, handelten aber wie Musiker. Wir waren in der Logik des Musikmarktes gefangen. Als ich ihn verließ, konnte ich unser Problem lösen. Ich ©JuliaBaier Albert Schmitt

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