GCM 4 / 2014 GERMAN COUNCIL . Change I – kommentar Nur wer sich ändert, bleibt sich treu Es gibt ein schönes Zitat, das Charles Dar- win zugeschrieben wird: »Nichts in der Ge- schichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.« Angesichts dieser unumstößlichen Erkenntnis ist es bemerkenswert, wie schwer sich viele Menschen mit Verände- rungen tun. Der Grund dafür liegt in der Natur der Sache. Wandel bedeutet Abkehr von gewohnten Dingen und Abläufen. Es verlangt die Bereitschaft, sich von Gewohn- heiten zu verabschieden. Und es ist ein Auf- bruch ins Ungewisse. Es kann gut laufen, es kann aber natürlich auch schief gehen. In den zurückliegenden Novembertagen dieses Jahres wurde hierzulande eindrucks voll in Erinnerung gerufen, welche Kraft Veränderungen freisetzen können. Die Ber liner Mauer, die für die Ewigkeit gebaut schien, verlor vor 25 Jahren ihren Schre cken. Was war passiert? Ein wirtschaftlich marodes und moralisch verkommenes Sys tem hatte sich schlicht und einfach über lebt. Es war in seiner Abschottung und sei nem Widerstand gegen Reformen nicht mehr lebensfähig. Vermeintlich unlösbare Probleme suchen und finden ihre Lösun gen – notfalls jenseits des bestehenden Systems. Und genau das ist 1989 gesche hen. Selten sind die Triebkräfte für einen grundsätzlichen Wandel so sichtbar gewor den wie in diesem wundervollen histori schen Moment des Mauerfalls und des dar auf folgenden Zusammenbruchs der DDR. Der Auslöser war ein einfacher Satz: So geht es nicht mehr weiter. Im modernen Wirtschaftsleben besteht die Kunst darin, rechtzeitig zu erkennen, dass es im bekannten Trott nicht mehr weiter geht. Wer den richtigen Zeitpunkt verpasst, der wird über kurz oder lang von der Bild fläche verschwinden. Die daraus resultie rende Existenzangst wird nur noch von der Angst vor Veränderungen übertroffen. Ein Paradoxon – und eine Steilvorlage für ei nen ganz speziellen Zweig der Beratungsin dustrie, die eine Milderung der Schmerzen verspricht. Das Zauberwort lautet: Change Management. Dahinter verbirgt sich die Be gleitung von Veränderungsprozessen in Un ternehmen. Üblicherweise wird dabei zu nächst Handlungsbedarf festgestellt, dann werden Widerstände überwunden – und im Idealfall kommt am Ende etwas Besseres her aus. Vielleicht sogar etwas viel Besseres, wie damals 1989 für den Großteil der DDR-Bevöl kerung. In den zurückliegenden Jahren war aber auch zu beobachten, dass der Wandel häufig nur noch Selbstzweck ist. Das wiederum ist ge fährlich. Veränderung um der Veränderung willen erzeugt Verdruss. Stabilität ist Rück schritt – dieses vermeintlich fortschrittli che Motto ignoriert den zutiefst menschli chen Wunsch nach Stabilität und stellt das herrschende System selbst schon wieder in Frage. Wandel darf nicht mit Geschwin digkeit verwechselt werden. Wie immer im Leben ist Wandel eine Frage des richti gen Maßes. Der Kapitalmarkt ist diesbe züglich maßlos geworden und rutscht nun in eine Legitimationskrise. Was in einer solchen Veränderungsspirale aus dem Blick gerät, ist das wesentliche Element für Veränderungsbereitschaft: Er mutigung. Der Dichter Hermann Hesse hat sich bleibende Verdienste mit der Zeile er Von der Seitenlinie ©DirkRietschel–Istockphoto.com