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GCM 4-2014

GCM 4 / 2014   GERMAN COUNCIL . Change I – Gesellschaft und Technik Wie viele Mails gingen in der Folgezeit so über Ihren Schreibtisch und worum ging es damals inhaltlich? Prof. Michael Rotert: Damals freuten wir uns über jede Mail, die an­ kam. 10 bis 20 landeten anfangs pro Tag auf unserem Zentralcompu­ ter. Ich war zu dieser Zeit der »Postmaster«. PCs gab es da ja natürlich noch nicht. Die ersten Mails drehten sich um so banale Dinge, wie die Vorbereitung einer Reise in die USA, denn ich wollte natürlich auch mal schauen, wie das alles so auf der Gegenseite funktioniert. Schon ein paar Monate später ging es aber sogar schon um Stellenangebo­ te. Der Mail-Alltag war damals schon stark abweichend von dem heu­ te. Es gab keine Standleitungen. Die wären technisch zwar möglich, aber viel zu teuer gewesen. Eine Standleitung hätte zu der Zeit einige hunderttausend D-Mark pro Monat gekostet. Somit wurden E-Mails nicht unmittelbar nach dem Tippen verschickt, sondern zunächst ge­ sammelt. Wir haben dann mehrfach am Tag nach USA gewählt, die angesammelten Mails dorthin geschickt und gleichzeitig diejenigen herübergeholt, die von deren Seite für Deutschland bestimmt waren. Deswegen entstanden dann auch Zeitverschiebungen. Die erste E- Mail beispielsweise wurde eigentlich am 2. August abgeschickt, kam aber aus dem genannten Grund erst am 3. August an. Verschickt wur­ de nur reiner Text, es gab keine Grafikanhänge. Das hätte sich damals keiner leisten können. Und es gab auch noch keinen Spam. Ab wann war für Sie klar, dass die E-Mail eine derartige Erfolgsge- schichte schreiben würde? Prof. Michael Rotert: Das hat vielleicht noch ein gutes halbes Jahr ge­ dauert. Die ersten Firmen kamen auf uns zu, speziell international agierende, die wissen wollten, ob man nicht Mails auch in Büros ein­ setzen konnte. Zu meinen Vorträgen brachten die Bosse deshalb auch gleich ihre Sekretärinnen mit, die großes Interesse zeigten und mich mit Fragen bombardierten. Von da an ging’s richtig los. Hat die Bundespost damals aufs falsche Pferd gesetzt? Prof. Michael Rotert: Ja und nein. Nein, weil die Mails in den Anfängen ausschließlich auf Forschungseinrichtungen beschränkt waren. Ja, weil sie Anfang der 90er, nach der Internet-Privatisierung, schneller hätte

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