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GCM 2-2013

  GCM 2 / 2013 GERMAN COUNCIL . architektur und ladenbau Wenn Marketing und Architektur verschmelzen Oder: Vom Inhalt zur Form. Vom Punkt zur Fläche. Die europäische Shopping-Center-Industrie ist in einen veritablen Übergangsprozess eingetre- ten. Dabei sind die sich abzeichnenden Verände- rungen an allen Punkten der Branche und an sämtlichen Gliedern der Wertschöpfungskette klar ersichtlich. Der Konsument des 21. Jahr- hunderts ist mündig. Er ist nicht mehr Teil einer homogenen Gruppe. Er bedient, verweigert, konsumiert und kommuniziert über die unter- schiedlichsten Kanäle. Er ist Teil mehrerer Mehr- heiten, Teil vieler Minderheiten. Er ist main- stream, alternativ, innovativ, konservativ, mo- dern, jung und alt. Der Konsument erstrahlt im Licht eines zeitgemäßen »anything goes«. Damit können wir das starre Zielgruppendenken der vergangenen Jahre getrost ad acta legen. Im selben thematischen Widerschein verändert sich der vielzitierte Point of Sale. Er ist zentral, dezentral, real, virtuell, urban, rural. Er ist schlicht, inszeniert, opulent, funktional, statio­ när, dauerhaft und flüchtig. Klingt verwirrend, ist es aber nicht unbedingt. Denn der Rettungsan­ ker, das Gemeinsame des Verschiedenen, ist in diesem Fall die konnotative Besetzung der Ver­ kaufsflächen. Die Füllung der Form mit Inhalt. Leider hat die Shopping-Center-Industrie meines Erachtens bislang unzureichend auf diese Her­ ausforderung reagiert. Nur in den seltensten Fäl­ len steht der marketingtechnische Ansatz bei neuen Projektentwicklungen, Centererweiterun­ gen oder Refurbishments im Mittelpunkt des Denkprozesses. Viel zu selten sind Marketing- und Markenstrategen in die Frühphasen derarti­ ger Prozesse mit eingebunden. Dabei ist das Zu­ sammenwirken von Marketing, Architektur und modernen Kommunikationsformen für Shop­ ping Center unerlässlich. Und zwar ganz einfach darum, weil nur durch professionelle Positionie­ rungsarbeit in der Frühphase eines Projektes eine eigenständige Standortidentität kreiert wer­ den kann, die es ermöglicht, eine deutliche Ab­ grenzung und Alleinstellung zum Mitbewerb zu erzeugen. Der Konsument reagiert kaum noch auf plumpe im Einheitsbrei daherkommende Verführungen wie Zeitungsannoncen, Verkaufs­ folder und inszenierte immer gleiche Center­ events. Die Botschaft und nicht das Kommunika­ tionsmittel ist das entscheidende Vehikel. Die Shopping-Center-Industrie, an sich eine In­ dustrie, die gerne Erfolgsmodelle kopiert und multipliziert, kann hier viel von der Marken- und Konsumgüterindustrie lernen. Kein Mar­ kenstratege aus der Konsumgüterindustrie würde auf die Idee kommen, ein Produkt zu lancieren, bevor nicht im Vorfeld eine klare Po­ sitionierung und ein klares Markenbild ausge­ arbeitet wurde. Natürlich – ein professioneller Marken- und Po­ sitionierungsprozess kostet Zeit und Geld (das leider gerade zu Beginn einer Entwicklung un­ gern für solche »weichen Faktoren« aufge­ bracht wird). Doch letztendlich erfolgt in dieser Phase oft die entscheidende Weichenstellung für den langfristigen Erfolg eines Standortes. Ein professionell durchgeführter Marken- und Positionierungsprozess bringt vielen Stakehol­ dern entscheidende Informationen und letzt­ endlich auch Sicherheit: • den Entwicklern – sie laufen nicht Gefahr, ein »me too«-Center zu schaffen • den Mietern – sie haben ein klares Bild über das entstehende Umfeld und können sich optimal darauf einstellen • dem Centermanagement – es kann sein ge­ samtes Führungsinstrumentarium auf eine gewählte Centerpositionierung ausrichten • den Werbeagenturen – denn eine solide Po­ sitionierungsarbeit ist erst die Grundlage ei­ nes sinnhaften Agenturbriefings, aus dem dann kreative Kampagnen entstehen können • der Stadtgemeinde – denn nur klar und ein­ deutig positionierte Center können optimal in Stadtmarketingkonzepte integriert werden • den Investoren – denn sie bekommen eine strategische Sicht über die Position am Markt Und last but not least hat der Konsument am meisten davon. Er bekommt Klarheit, wofür ein Standort steht und was er sein möchte. Er bietet als Marke eine Lebenswelt, die sich klar vom Mitbewerb unterscheidet. Shopping Center und Verkaufsflächen müssen zu emotional aufgeladenen Räumen werden, Marken bilden, die Orientierung und Sicherheit schaffen. Marken rechtfertigen die Kaufent­ scheidung. Sie binden und unterstützen, unter­ streichen den Lebensstil. Dieser Weg wird sich, davon bin ich zutiefst überzeugt, in den nächs­ ten Jahren noch gehörig verstärken – ja verstär­ ken müssen. Gewiss, die harten Faktoren wie Mietermix, Erreichbarkeit und Parkmöglichkei­ ten des Centers sind wesentlich. Deren Erfüllung wird aber vom Konsumenten vorausgesetzt. Identifikation wird aber letztendlich durch ande­ re Faktoren geschaffen. Ein Beitrag von Reinhard Winiwarter, Geschäftsführer sma – Standort Marketing und Herausgeber des Fach- magazins ACROSS

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