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GCM 4-2014

  GCM 4 / 2014 GERMAN COUNCIL . Change II – center und einzelhandel Wie Tarzan dem Einkaufen das Erlebnis brachte Center-Events von den Achtzigern bis heute und wie auf sie aufmerksam gemacht wurde – eine emotionale Betrachtung Es gibt Augenblicke, die man nie vergisst. Bei Frau A. ist es das Krib- beln auf der Haut, als eine Riesenspinne über ihrem Handrücken krabbelte. Und Frau B. schwärmt noch heute vom König des Dschun- gels, der in der Mall des Einkaufszentrums wochenlang in einem Baumhaus lebte und die Besucher zu jeder vollen Stunde mit dem Tarzan-Schrei begrüßte. So stand es in dem Vertrag, den der König des Dschungels mit dem Centermanager abgeschlossen hatte. Und das ist auch schon über drei Jahrzehnte her. RTL war noch im Säug- lingsalter, als sich das Stadtteil-Center Altenessen in ein Dschungel- camp verwandelte und die Besucher, meist kreischende Teenies, bei einem Casting in der Mall den Tarzan von Altenessen wählten. Drei Wochen verbrachte der Gewinner lendengeschürzt im Center, wurde von den Besuchern mit Bananen gefüttert, gab Interviews und Auto- gramme und wurde sogar vom Essener Oberbürgermeister empfan- gen. Der Lohn fürs Durchhalten: drei Wochen Urlaub mit seiner »Jane« im echten afrikanischen Dschungel, inklusive Taschengeld. Was das mit Shopping zu tun hatte? – Gar nichts. Doch das Center war in aller Munde und hatte so viel (kostenlose) PR wie noch nie. Es war, wenn man so will, die Geburtsstunde einer revolutionären Marketing-Idee: das Erlebnis-Shopping. Dahinter stand die simple Erkenntnis: Mit Speck fängt man Mäu­ se. Genial: Marketing durch die Hintertür. Hat man die Besucher erst einmal in der Unterhaltungsfalle, kommt das Shoppen von ganz alleine. 1980 – also vor circa 35 Jahren – gab es 30 »echte« Shopping Cen­ ter in Stadtteilen und auf der »grünen Wiese«. Das erste inner­ städtische Shopping Center Deutschlands, das Löhr-Center Kob­ lenz, wurde erst 1984 eröffnet. Damals hatten die Werbegemein­ schaften einen Etat von monatlich ca. 1,00 DM/qm, weshalb es nur wenige spektakuläre Centeraktivitäten gab und die Centerma­ nager meist bloße Immobilienverwalter waren. »Die Begriffe ›Bürgermeister‹ und ›Kümmerer‹ wurden in der Folgezeit durch VORLEBEN geprägt«, erinnert sich Helmut Kopri­ an, CEO der Koprian iQ GmbH. »Der Centermanager wurde Hauptakteur und Teil einer jeden Aktion (›Zirkusdirektor‹). Wer diese Rolle mit Herzblut lebte, hatte mehr Erfolg. Und das ist auch heute noch so.« Die meisten Center hatten auch eine eigene Zeitung, um die Vor­ züge der überdachten Shopping-Meilen (sauber, sicher, hell, freundlich) und die neue Erlebnis-Qualität darzustellen. Denn die lokalen Verlage standen mancherorts noch auf der Seite des örtlichen Handels und beäugten die neue Konkurrenz mit Arg­ wohn. Über Jahrzehnte war die Center-Zeitung ein Erfolgsmodell, weil sie als Beilage eines Wochenblattes (oder auch der Tageszeitung) in einem maßgeschneiderten Einzugsgebiet verteilt wurde, nahe­ zu jeden Haushalt erreichte und sich selbst – über Anzeigen der Mietpartner – finanzierte. Schon in der Projektentwicklung und in der Bauphase wurde das hauseigene Medium genutzt, um die Kunden und die Mieter von Morgen zu mobilisieren und auf die Facetten des Erlebnis-Shop­ ping einzustimmen – sei es durch Mal-Aktionen auf dem Bauzaun, Oldie-Partys unterm Richtkranz, Foto-Shootings für Werbeposter oder als Sponsor für städtische Events. Andere Entwickler setzten voll auf die Entertainment-Karte und ergänzten den Shoppingbereich um Diskotheken, Rollerbahnen, Kinosäle, Fitness-Studios und Erlebnis-Gastronomie – was wegen Pionier der Center-Aktionen: Helmut Koprian (heutiger CEO von Koprian iQ), hier in jungen Jahren als Centermanager des ECE-Einkaufszentrums in Essen-Altenessen, als er die erfolg- reiche »Tarzan«-Aktion initiierte und moderierte.

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