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GCM 4-2014

GCM 4 / 2014   schon spürbar feststellen, dass sich Frauen überproportional oft ihres eigenen Wertes am Arbeitsmarkt gar nicht richtig bewusst sind. Auch die Einsicht, dass »klappern« auch, und ich möchte fast sagen insbesonde­ re, zum Management-Handwerk gehört, wird von Frauen noch lange nicht so selbstver­ ständlich angenommen und im Rahmen des Selbst-Marketings praktiziert. Diese beiden Faktoren gemeinsam stehen dann natürlich invers korreliert zueinander, will heißen, sie wirken als eine Negativspirale im Bewer­ bungsprozess. Dr. Winkler: Was sollten Organisationen tun bzw. verändern, um qualifizierte Frauen für Top-Management-Positionen zu rekrutieren? Böhnke: Zunächst einmal sollte jeder einmal innehalten, und sich zwei wesentliche Punk­ te vor Augen halten: Erstens, dass die aller­ meisten der bestehenden Organisationsfor­ men strukturell über Jahrzehnte von Män­ nern für Männer geschaffen worden sind, was natürlich auch primär auf männliche Denk- und Motivationsmuster abzielende Strukturen, Hierarchien und Belohnungssys­ teme ausgebildet hat. Der zweite wesentli­ che Punkt ist die Erkenntnis, dass ein unter­ nehmerisches Engagement um mehr weibli­ che Fach- und Führungskräfte auf allen Ebe­ nen nicht nur im ökonomischen Interesse liegt – sondern angesichts der demografi­ schen Entwicklung geradezu alternativlos er­ scheinen muss. Der hingegen in den Unternehmen oft als lästig empfundene politische Druck, wie die von der Regierung Merkel für Deutschland beschlossene Frauenquote für bestimmte Aufsichtsräte, hingegen dürfte meines Erach­ tens nicht einmal ein Randmotiv für die Un­ ternehmen sein, künftig gezielt den Frauen­ anteil auszubauen und die eigenen dem ent­ gegenstehenden Strukturen zu hinterfragen. Dr. Winkler: Was würden Sie Frauen raten, die vorhaben, eine verantwortungsvolle Füh- rungsaufgabe im Top-Management zu über- nehmen? Böhnke: Das ist individuell natürlich sehr un­ terschiedlich und hängt jeweils von der kon­ kreten Situation ab. Grundsätzlich muss sich allerdings eine Frau, die sich für den nächsten GERMAN COUNCIL . Change I – Gesellschaft und Technik rungskräften durchaus auch solche gibt, de­ ren Führungsarbeit primär auf eher Frauen zugeschriebenen Kompetenzen beruht und umgekehrt. Als Kollektiv betrachtet ist je­ doch in einigen Bereichen ein differenzieren­ des Führungsverhalten zu beobachten. Ma­ nagerinnen neigen erfahrungsgemäß zu ei­ nem deutlich kooperativeren, kommunikati­ onsintensiveren Führungsstil als die meisten Männer. Gleichwohl möchte ich damit kei­ neswegs eine pauschale Wertung zum Aus­ druck bringen; Frauen sind sicherlich nicht per se die besseren Führungskräfte. Meiner Überzeugung nach ist es erst die Kombinati­ on differierender Kernkompetenzen durch Diversifikation in der Unternehmensleitung, welche effektives oder, um mit Malik zu spre­ chen, »gutes und richtiges Management« auszeichnet. Dr. Winkler: Erleben Sie, dass sich qualifi­ zierte Frauen im Bewerbungsprozess für Füh- rungspositionen anders präsentieren und an- ders bewertet werden als Männer? Was beo­ bachten Sie? Böhnke: Die Herangehensweise von weibli­ chen Führungskräften unterscheidet sich durchaus von der ihrer männlichen Kollegen. Tendenziell lässt sich hier beispielsweise Karriereschritt entscheidet, vor Augen halten, welche Chancen, aber auch Risiken und Ein­ schnitte dieser mit sich bringen könnte. Die schlichte Erkenntnis, dass es im Regelfall kaum möglich sein wird, in mehreren Le­ bensbereichen wie beispielsweise im Beruf, der Familie, dem Hobby etc. gleichsam Höchstleistungen zu erbringen, ist zwar we­ der neu noch beschränkt sie sich auf Frauen. Aufgrund der nach wie vor eindeutig gege­ benen und übrigens bis heute über Hierar­ chieebenen hinweg eindeutig nachzuweisen­ den Rollenverteilung in Bezug auf die Kinder­ betreuung ist für Karrierefrauen die Kinder­ frage sicherlich noch bedeutender. Interessanterweise lässt sich bezüglich der Ansprüche an einen künftigen Arbeitgeber hier durchaus eine Angleichung der Vorstel­ lungen mit jenen der sogenannten Generati­ on Y beobachten. Im Rahmen einer durch HUNTING/HER begleiteten Studie der Leu­ phana Universität, konnte ich mich in einer an die Präsentation anschließenden Diskussi­ onsrunde eindrucksvoll davon überzeugen. Obwohl die Studierenden durchweg aus eher karriereaffinen Studienrichtungen wie BWL und Jura stammten, waren die Wenigsten von ihnen bereit zu gravierenderen Ein­ schnitten der Karriere zuliebe. Die Bereit­ schaft, das Privatleben einer 60 oder gar 70 Stundenwoche unterzuordnen, war ebenso die Ausnahme wie es Karrierefrauen mit Kin­ derwunsch möglich wäre. Insofern vertrete ich die These, dass Unternehmen ihre Struk­ turen ohnehin künftig sehr viel stärker »skan­ dinavisieren« werden müssen, um als Arbeit­ geber weiterhin attraktiv zu bleiben. Die Aus­ sicht, von einer C-Klasse einmal auf die E- Klasse umsteigen zu können, wiegt Ein­ schnitte im Privatleben in dieser Generation kaum noch auf. Etwas polemisiert könnte man daher auch sagen, Karrierefrauen sind ihrer Zeit einfach nur noch um einige Jahre voraus. Das Gespräch führte Dr. Brigitte Winkler, Redakteurin der Zeitschrift OrganisationsEntwicklung, Partnerin von A47 Consulting, Beratung für Unternehmensentwicklung und Managementdiagnostik, München Erstveröffentlichung: OrganisationsEntwicklung 4/2014 www.zoe-online.org © Handelsblatt Fachmedien ›Die meisten der bestehenden Organisationsformen haben primär auf männliche Denk- und Motivationsmuster abzielende Strukturen, Hierarchien und Belohnungssysteme ausgebildet.‹ Christian M. Böhnke Christian M. Böhnke

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