Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

GCM 2-2017

GERMAN COUNCIL . VERANTWORTUNG wENN DU EtwAS KANNSt, DANN HASt DU VErANtwortUNG Im Gespräch mit »Karma-Ökonom« Van Bo Le-Mentzel Van Bo Le-Mentzel bezeichnet sich selbst als »Karma-Ökonom«. Der ausgebildete Archi- tekt hat die »HartzIV-Möbel« erfunden – ei- ne reihe leicht nachzubauender Möbel, de- ren Baupläne frei zugänglich sind. Er hat verschiedene Crowdfunding-Projekte wie die Karma-Chakhs oder die Vortragsreihe #dclass ins Leben gerufen und setzt sich für open Source und Sharing-Konzepte ein. Van Bo, was bedeutet Verantwortung für dich? Van Bo Le-Mentzel: Das Schöne an dem deut- schen Wort »Verantwortung« ist, dass es das Wort »Antwort« enthält. Im Englischen sagt man ja auch »responsibility«, und wenn man das getrennt schreibt, dann heißt es »respon- se ability« – also die Fähigkeit, zu antworten. Und das ist tatsächlich eine Fähigkeit, die man lernen muss. Für mich bedeutet Verant- wortung, den Mut zu haben, die richtigen Fragen zu stellen und dann den Mut zu ent- wickeln, sich auf den Weg zu machen, die richtigen Antworten zu finden. Und nicht ein- fach alles zu glauben, was einem so gesagt wird.  GCM 2 / 2017 Und welche Rolle spielt Verantwortung für dich persönlich? Van Bo Le-Mentzel: Bei mir hat Verantwor- tung mit einem schlechten Gewissen ange- fangen. Und in dem Wort »Gewissen« steckt das Wort »Wissen«. Das heißt, wenn man et- was weiß, dann entwickeln sich mitunter schlechte Bauchgefühle. Ich dachte früher, dass ich als Ausländer hier in Deutschland ei- gentlich einem Deutschen den Schulplatz wegnehme, den Abiturplatz, den Studien- platz oder den Platz in der U-Bahn. Und aus diesem Gefühl heraus habe ich das Bedürfnis entwickelt, etwas zurückzugeben. Mittlerwei- le mache ich das nicht mehr aus einem schlechten Gewissen heraus, sondern inzwi- schen habe ich das Bewusstsein, dass es okay ist, dass ich hier bin. Und dass ich nieman- dem den Platz wegnehme. Das hier ist auch mein Land, meine Straße, mein Viertel und mein Zuhause. Und ich kümmere mich jetzt einfach ein wenig darum und setze mich für die Gesellschaft ein. Was mir besonders gut gefällt an unserem Grundgesetz und was mich gerade sehr be- schäftigt, ist der Artikel 14, der besagt: »Ei- gentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zu- gleich dem Wohle der Allgemeinheit die- nen.« Das wissen meiner Einschätzung nach viele nicht, die irgendetwas besitzen, dass das, was sie da haben, dem Allgemeinwohl dienen soll. Und weil es da schon drinsteht und ich anscheinend nicht der Einzige bin, der so denkt, versuche ich das so oft wie möglich in die Gesellschaft zu tragen: Bitte denkt da ran, dass Eigentum auch Verantwor- tung bedeutet. Und mit Eigentum meine ich nicht nur Immobilien – sondern auch Ideen, Baupläne, Wissen, Macht, Werkzeuge, Netz- werke, Patente usw. Kann man Verantwortung einfordern? Van Bo Le-Mentzel: Ich denke schon, dass je- der Mensch sich mit den anderen arrangie- ren muss. Denn wenn wir das nicht machen, werden wir von anderen arrangiert. Es gibt ja ein starkes Interesse von Leuten aus der Poli- tik, aus der Wirtschaft, aus den Behörden, den sogenannten Gate-Keepern, zu verhin- dern, dass wir Verantwortung übernehmen. Die wollen, dass wir nach Schema F leben: in die Schule gehen, unsere Steuern zahlen, alle vier Jahre wählen gehen, möglichst viel für das Bruttosozialprodukt schuften und in die Rentenkasse einzahlen. Ich denke, es ist die Verantwortung von jedem, das zu hinterfra- gen; und einen Beitrag zu leisten, dass sich dieses Denken weiterentwickelt und sich wirklich etwas verbessert. Würdest du dir wünschen, dass mehr Menschen Verantwortung übernehmen? Van Bo Le-Mentzel: Das Problem mit der Ver- antwortung ist: Man kann die Leute nicht zwingen. Wenn du einen Musiker zwingst, ein geniales Solo zu spielen, dann wird das auch nicht klappen. Das muss schon von in- nen heraus kommen. Das Einzige, was man machen kann, ist mit gutem Vorbild vorange- hen. Und es gibt ja viele, die das tun. Der Un- ternehmer Götz W. Werner zum Beispiel – von dem man jetzt nicht erwarten würde, dass der sich als einer der reichsten Men- schen Deutschlands auf einmal um das Wohl der 99 Prozent kümmert – das ist einer, der mit seiner Bewegung »Grundeinkommen« Verantwortung übernimmt. Der sich über- legt: Was kann ich als Unternehmer mit sehr viel Geld und sehr viel Einfluss tun? Und so gibt es sehr viele, die schon Verantwortung übernehmen. Das inspiriert wiederum ande- re, und die ziehen dann nach. Ich denke, es wäre falsch, Verantwortung einzufordern. Besser wäre es, wenn man es vorlebt. Fühlst du dich als jemand, der das vorlebt? Van Bo Le-Mentzel: Ich weiß, dass viele sich bei mir bedanken und mir schreiben, dass ich sie inspiriere oder dass ich ein Vorbild für sie bin. Ich hoffe, dass ich denen ein bisschen die Angst nehmen kann. Viele trauen sich r e t s n i L a n T © i

Übersicht