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GCM 2-2017

Mit ihr wurde es denkbar, in einer der größten Städte Deutschlands ganz nach vorne zu kom- men. Aber ich war schon in Dresden sehr glück- lich. Mit einem Stadtplaner-Studium planten Sie zu meiner Zeit keine Karriere, sondern waren zufrieden, überhaupt eine Tätigkeit zu haben. Als ich 1982 mein Studium beendete, gab es so gut wie keine Arbeitsplätze. Bis 1985 herrschte Stagnation, hohe Arbeitslosigkeit und der öf- ›Sind wir als Gesellschat in der Lage, Städte über die unmittelbare Bedürfnis­ befriedigung hinaus weiterzuentwickeln?‹ sozialen, wirtschaftlichen, technischen und äs- thetischen Disziplinen. Das reizt mich bis heute! Was sind die größten Herausforderungen der Stadtplanung in Zeiten wachsender Online-Kon- kurrenz? Prof. Jörn Walter: Erstens ist der Handel ist für die Belebung öffentlicher Räume maßgeblich. Entsprechend groß ist die städtebauliche Her- ausforderung. Wie weit die Einbrüche durch eCommerce gehen, weiß heute noch keiner. In Branchen wie dem Buchhandel oder der Elektronik sind sie bereits massiv. Planer stellt das vor die Frage: Mit was füllen wir die Erdge- schosse? Wie organisieren wir den Kontakt zwischen öffentlichem und privatem Raum? Was hält Städte leben- dig? Ein Weg ist, private Dienstleistungen und öffentliche Einrichtungen stärker in die Erdge- schosse gemischt genutzter Immobilien zu inte- grieren, wie man es z.B. in der Hafencity an vie- len Stellen sehen kann. Zweitens: Grundsätzlich sehe ich nicht, dass der Handel flächendeckend aus unseren Städ- ten verschwindet. Der Trend geht zur Online- und Offline-Präsenz, was zu weniger und viel- leicht auch kleineren Ladeneinheiten führt. Um das innerstädtische Angebot wieder zu stärken, stellt sich weiter die Frage, wie man nicht zentrumsrelevanten Handel wieder stär- ker in die Stadt zurückbringt. Bei Shoppingzen- tren vollzog sich der Wandel zurück in die City bereits. Aber wie sieht es mit Möbel- und Bau- märkten aus? Was ist mit den Supermärkten entlang der Ausfahrtstraßen? Sinken die Innen- stadtmieten, weil die Nachfrage nachlässt, könnten zentrale Standorte auch wieder für Händler mit hohem Platzbedarf interessant werden. In Hamburg-Altona beispielsweise sie- w o l z n e r P l l i h P © GERMAN COUNCIL . VERANTWORTUNG aber weniger nahestehen. Wie in der Kunst kann man vieles gut finden und möchte trotzdem nicht jedes Bild im Zimmer hängen haben – selbst wenn andere Abermillionen dafür zahlen. Was sollte ich Sie bezüglich der Elbphilharmo- nie fragen? Prof. Jörn Walter: Das übergeordnete Thema ist: Sind wir als Gesellschaft in der Lage, Städte über die unmittelbare Bedürfnisbefrie- digung hinaus weiterzuentwickeln? Haben wir auch eine kulturelle und zi- vilisatorische Botschaft? Denn die ist es, die Gesellschaft letztlich zusam- menhält. Selbst eine Metropole wie Hamburg nimmt sich so ein besonderes Projekt nur alle 50 bis 100 Jahre vor – auch unsere gro- ßen Kirchen wurden nicht alle zehn Jahre ge- baut. Die Kraftanstrengung war enorm. Ich fand es toll, an einer solchen teilzuhaben. Zwischen- zeitlich war die öffentliche Stimmung sehr dis- tanziert – bis auf gewisse Anhänger, von denen ich immer einer war. Aber keiner kann behaup- ten, es ist super gelaufen. Vieles war ärgerlich, zu teuer und in Wahrheit eine Katastrophe. Doch so schwierig der Weg war, beim Eröff- nungskonzert dachte ich: »Was für ein faszinie- rendes Haus, dessen Botschaft weit über den Tag hinausstrahlt«. Es bringt die Stadt in der Mu- sik voran, ist ein Stück Weltarchitektur und wirk- lich ein Wahrzeichen für Hamburg. Heute führt jeder Hamburger seine Besucher zur Plattform der Elbphilharmonie. Das mache ich auch so. Wann war Ihnen zum ersten Mal klar, dass Sie Oberbaudirektor werden würden? Prof. Jörn Walter: Die Ausschreibung war 1998 und die Entscheidung fiel im Dezember. Prof. Jörn Walter fentliche Dienst stellte überhaupt nicht mehr ein. Die Kommunen mussten sparen. Da sah man zu, irgendwo unterzukommen, viele Kom- militonen taten das in fachfremden Berufen. Erst mit der Wiedervereinigung wurde der Ar- beitsmarkt wieder besser. Hatten Sie als Kind einen Berufswunsch? Prof. Jörn Walter: Nein, ich war nie festgelegt. Mein Vater war Architekt und ich hatte gewisse Vorbehalte, sein Büro übernehmen zu müssen. Als Kind wurde ich ständig in dieses und jenes Bauwerk geschleppt. Ich habe es gehasst, mir bei brütender spanischer Hitze ständig Kirchen anschauen zu müssen, auch wenn ich später sehr davon profitiert habe. Um erst gar keine Er- wartungen aufkommen zu lassen, habe ich ein Architekturstudium tunlichst vermieden. Wäh- rend der Oberstufenzeit habe ich probeweise gesellschaftswissenschaftliche und volkswirt- schaftliche Vorlesungen gehört. Aber mir fehlte der handfeste Bezug, deshalb wählte ich die Stadtplanung. Mir gefiel die Kombination aus w o l z n e r P l l i h P ©  GCM 2 / 2017

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