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GCM 2-2017

GERMAN COUNCIL . VERANTWORTUNG . e d o t o f - t n e v e - n i l r e b l , r e l i e W u a P - r e t e P © volle Fürsorge unserer Eltern verloren wären. Es setzt sich aber diese Situation über unser ganzes Leben fort, und am Ende unseres Le- bens geraten wir oft wieder in den Zustand großer Hilflosigkeit, mit dem wir nur durch die selbstlose Pflege anderer Menschen zu- recht kommen können. In einer Gesellschaft, die auf humanitäre Grundsätze verpflichtet ist, gilt daher die Lebensregel, es kann mir nur gut gehen, wenn es auch den Anderen gut geht. Das gilt aber in einer globalen arbeitsteiligen Ökonomie auch aus wirtschaftlichen Gründen. Ich erinne- re mich in diesem Zusammenhang an einen Unternehmer aus England, der damals der Labour Party und nicht, wie man vermuten würde, den Konservativen seine Wählerstimme gab und eine große Summe spende- te. Als Begründung sagte er, er sei ein sehr rei- cher Mann, er wolle aber sein schönes Leben nicht hinter Stacheldraht verbringen. Deshalb unterstütze er eine Partei, die wirtschaftskom- petent sei aber zugleich darauf achte, dass die sozialen Gesichtspunkte nicht zu kurz kom- men, und dafür sorge, dass alle Briten ein or- dentliches Auskommen haben. Diese schlich- te Sichtweise hat mir sehr imponiert und ist ein Musterbeispiel für ein ausgeprägtes Ver- antwortungsbewusstsein. Was glauben Sie, trägt im Wesentlichen dazu bei, dass Menschen verantwortungsbewusst agieren? Otto Schily: Das schafft die Erziehung durch die Eltern, die Schule, unser gesellschaftlich- kulturelles Umfeld und nicht zuletzt unsere le- benslange Selbsterziehung. Jeder einzelne Mensch muss immer wieder sein Verantwor-  GCM 2 / 2017 . e d o t o f - t n e v e - n i l r e b l , r e l i e W u a P - r e t e P © Menschen zusammen, die dann zu möglichst guten Vereinbarungen kommen sollen. Wie beurteilen Sie die geopolitischen Entwick- lungen, die Zerstrittenheit und den Rechtsruck in der EU und natürlich den neuen US-Präsiden- ten? Sehen Sie unsere Sicherheit – auf welchen Ebenen auch immer – ernsthaft bedroht? Otto Schily: Ich bin ein überzeugter Europäer – nicht zuletzt vor dem Hintergrund meines ei- genen Lebensweges. Ich bin 1932 ge- boren, habe die Zeit des Nazi-Terrors hautnah erlebt und Deutschland in Trümmern gesehen. Die EU ist doch für uns Deutsche ohne jeden Zweifel ein unglaubliches Geschenk. Das ha- ben unlängst auch Gauck, Steinmeier und Lammert zu Recht betont. Kein anderes Land hat so sehr von dem Zusammenschluss der Staaten politisch und wirtschaftlich profitiert wie wir. Wer seinen Verstand noch einigermaßen beisammen hat, muss das erkennen. Dass auf der anderen Seite derzeit in der EU nicht alles zum Besten steht, will ich gar nicht bestreiten. Aber wieder zu- rück das alte Nationalstaatensystem zu etablie- ren, wäre eine riesige Torheit, in jeder Hinsicht unverantwortlich. Wir müssen sicherlich eini- ge Dinge der Brüsseler ausufernden Vorschrif- tenproduktion, die manchmal für uns so unles- bar sind wie ältere Mandarin-Texte, wieder ins Lot bringen. Längst nicht alle Probleme haben aber ihren Ursprung in Brüssel, sondern beru- hen vielmehr auf Initiativen aus den einzelnen Mitgliedsländern. Auch manches Lobbyinter- esse aus der Industrie hat hier eine Rolle ge- spielt. Nein, wir sollten alles für den Erhalt und die Weiterentwicklung der EU tun – wir Deut- schen als Allererste. tungsbewusstsein aktivieren. Es ist ein Irrtum, wenn wir glauben, wir könnten unsere Verant- wortung beim Staat abgeben. Wir können noch so viele Polizisten einsetzen. Sie werden niemals ausreichen, wenn nicht die überwie- gende Mehrheit versucht, sich einigermaßen im Rahmen der Gesetze zu bewegen und sich gegenüber den Mitmenschen und der Natur verantwortlich zu verhalten. ›Es gilt daher die Lebensregel, es kann mir nur gut gehen, wenn es auch den Anderen gut geht‹ Otto Schily Was mir seit geraumer Zeit die größten Sorgen bereitet, sind die Entwicklungen in den soge- nannten failing states, in den zusammenbre- chenden Staaten, in denen die staatliche Ord- nung zerfällt, regelrecht implodiert, die Ach- tung vor den Institutionen vollständig verloren gegangen ist und sich epidemisch ein apokalyp- tischer Kampf aller gegen alle entwickelt. Obwohl Sie inzwischen Mitte 80 sind, wirken Sie überhaupt nicht wie ein Pensionär. Womit beschäftigen Sie sich aktuell? Otto Schily: Von Ruhestand kann bei mir nicht wirklich die Rede sein. Ich betreibe immer noch meine Anwaltskanzlei, obwohl ich mich nur noch mit einigen wenigen Fällen befasse, die mir interessant erscheinen. Aber ich habe auch ein kleines Unternehmen – »German Consult« – mit dem ich versuche, die deutsche Wirt- schaft durch Networking zu fördern. Ich bringe

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