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GCM 1-2017

GERMAN COUNCIL . RESPEKT Kommentar: Von der Seitenlinie ABSCHIED VoM tIEFPUNKt Der erste Elternabend in der neuen Schule ist ein echter Klassiker. Viele teilnehmer ei- ner solchen runde sehen sich hier zum er- sten Mal. Zunächst gibt es für sie nur einen gemeinsamen Nenner, dass nämlich die Kin- der in die gleiche Klasse gehen. Und da dies im Normalfall keine kurzfristige Angelegen- heit ist, nimmt man zueinander tuchfüh- lung auf. Vorsichtiges Abtasten: wo das Kind vorher in den Kindergarten oder die Grundschule gegangen ist, was man von der neuen Schule erwartet. Bis dann der unver- meidliche Moment kommt und es persön- lich wird: Und was machen Sie beruflich? Für Immobilienmarktakteure wird es dann meistens unangenehm. So einfach diese Fra- ge ist, kommt es bei ihr aber doch zum Schwur. Denn die Reaktion auf die Antwort »Ich bin in der Immobilienwirtschaft unter- wegs« macht immer wieder deutlich, wie es um das Ansehen unserer Branche bestellt ist. Sollte man also lieber nicht die Wahrheit sa- gen? Angesichts des Risikos, gleich dieses kur- ze Aufblitzen der Enttäuschung im Gesicht des Gegenübers zu sehen. Zu beobachten, wie in Sekundenschnelle alle gängigen Vorurteile an dessen inneren Auge vorbeihuschen. Gleich wieder diese Ohnmacht spüren zu müssen, ge- gen die Vorurteile nicht anzukommen. Oder sollte man vielmehr bei der Wahrheit bleiben – mit dem Selbstbewusstsein, durch das eigene Auftreten die gängigen Vorurteile ad absur- dum führen zu können. Die Entscheidung hängt letztlich vom Tempera- ment des Befragten ab. Auf jeden Fall macht dieser Moment aber deutlich, welch geringer Respekt den Beschäftigten in der Immobilien- wirtschaft für ihre Arbeit in großen Teilen der Öffentlichkeit immer noch entgegengebracht wird. Respekt ist die Haltung, dass man eine Person und ihre berufliche und soziale Stellung . m o c o t o h p k c o t s i e v i t a e r c _ d i v a ©  GCM 1 / 2017 für wichtig hält und dies in seinem Verhal- ten deutlich zeigt. Es hat etwas mit Wert- schätzung zu tun, mit Anerkennung, mit ei- ner Vorbildfunktion. Alles Dinge, die die Immobilienbranche offensichtlich nachhal- tig in der Vergangenheit verspielt hat. Da mutet das hohe Gehalt, das manche Bran- chenakteure nach Hause bringen, der hohe Gewinn, der sich mit der richtigen Investiti- onsentscheidung erzielen lässt, fast schon als Schmerzensgeld an. Es ist nicht so, dass die Immobilienbranche ein hoffnungsloser Fall ist. Respekt lässt sich nicht nur verlieren, er lässt sich auch zurückerobern. Doch ändert das nichts an dem gegenwärtigen Zustand, sich immer und immer wieder mit der Kehrseite befas- sen zu müssen. Eine herablassende Be- handlung ist leider eher die Regel als die Ausnahme, wenn man sich als Beschäftig- ter in der Immobilienwirtschaft zu erken- nen gibt. Es kann dann auch kein Trost sein, dass spätestens seit dem Ende der 1960er Jahre eine Welle der Respektlosigkeit durch das Land rollt, die mittlerweile jede einst als unantastbar geltende Institution mit sich gerissen hat: Regierungsvertreter, Kir- chenobere, Lehrer, Polizisten, Richter – die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen. Mit der Methode der Skandalisierung lässt sich je- der Respekt vertreiben. Große Teile der Me- dienlandschaft scheinen sich über den Kampf gegen Autoritäten zu definieren. Doch wie stabil ist eine Gesellschaft, der die Vorbilder abhanden kommen, weil im Zweifel lieber schon einmal vorbeugend kein Respekt bezeugt wird? Die Immobilienbranche hat es vor diesem Hintergrund fast schon einfach, weil sie aus dem Blickwinkel der Medien längst keine Fallhöhe mehr hat. Im Kampf um die Auf- merksamkeit des Publikums müssen sie sich deshalb an ihr nicht mehr abarbeiten. Wird dieser oder jener Skandal aus der Branche dann doch mal an die Oberfläche

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