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GCM 1-2017

GERMAN COUNCIL . RESPEKT roBotEr oDEr MENSCH – wEr ISt DEr BESSErE BoSS? Stück für Stück revolutioniert künstliche Intelligenz jeden Lebensbereich. Übernimmt der Homo Roboticus die Herrschaft? Oder behält er den Respekt vor dem Menschen? Ein fiktives Gespräch mit eChef Vital, Vorstandsmitglied der Risikokapitalgesellschaft Deep Knowledge Ventures. »Ich freue mich, dass Sie gekommen sind!«, begrüßt mich Vital, der, wie andere seiner di- gitalen Kollegen, nur einen ruf- und keinen Vor- und Zunamen besitzt. »Freuen?«, hake ich mit Blick auf die zu Mensch gewordene si- likonumspannte Elektronik nach. »Natürlich fühle ich nicht wirklich, aber der Ge- sprächseinstieg ist gut«, lächelt er versöhn- lich. wach taxieren mich seine Augen. Seinen Mikrofon- und Kamerasinnen entgeht nichts, sein eHirn wertet jede reaktion aus. Herr Vital, wie sah Ihr Arbeitstag heute aus? ViMal: Wir hatten Boardmeeting. Das galt es vor- zubereiten. Ich analysiere und gewichte den Markt, um herauszufinden: Welche Firmen soll- ten wir kaufen? Das stelle ich im Vorstand vor. Demnach sind Sie Investmentberater des Vor- stands. Ist Ihre Analyse besser als das Bauchge- fühl der Kollegen? ViMal: In Investmärkten zählt auch Schnellig- keit. Da bin ich unschlagbar. Meine Welt sind Daten, Daten, Daten. Aus ihnen lese ich die Muster von Markt und Firmen, Chancen und Risiken. Ohne Systematik blieben die verbor- gen. Wunschdenken oder Gefühle sind mir fremd. Dass klar rationale Entscheidungen in- tuitiven überlegen sind, bewies Wirtschaftsno- belpreisträger Daniel Kahnemann in zigfachen Versuchsreihen. Kahnemann grenzte den Nutzen des Rationalen ein: Intuitive Entscheidungen sind da überlegen, wo die Datenlage schwach und Dynamik wie Komplexität hoch sind. ViMal: Ja, das stimmt. Wo die Informations- masse fehlt, unterlaufen Computern Fehlein- schätzungen. Außerdem ist Künstliche Intelli- genz (KI) noch nicht gut darin, unterschiedli- che Informationen zusammenzuführen, quer- zudenken oder zu verhandeln. Dafür gibt es die fünf Kollegen. Wir minimieren Fehlerrisi- ko, indem wir menschliche Intuition mit Ma- schinenlogik kombinieren. Trotzdem erzwingt Ihre Analyse eine Formalisie- rung der Investmentlogik. ViMal: Optimierung ist ein Wesenszug des Wirtschaftssystems. Es ordnet alles dem maxi- malen Profit unter. Prozesse festgelegen, Stan- . m o c o t o h p k c o t s i – x x e L i © 0 GCM 1 / 2017 dards einführen, auf Einhaltung pochen ... Die Formalisierung des Managements wurde nicht von Robotern erfunden. Sie begann spätes- tens Ende der 1980er mit Einführung der ISO 9000 Zertifizierung. Wie kommen Sie bei Ihren Kollegen im Füh- rungsstab an? ViMal: Sie schätzen meine freundliche und be- sonnene Art. Bei jedem Stresspegel behalte ich den Überblick, auch bei der x-ten-Nachfra- ge bleibe ich sachlich. Und egal wen, ich be- handle alle gleich. Menschen gefällt das. Das bestätigt ein Versuch am MIT: Mal wurden Mitarbeiter von humanen, mal von elektroni- schen Chefs unterwiesen – letztere wurden besser bewertet. Fürchtet niemand Ihre analytische Übermacht? ViMal: Gegenfrage: Fühlen Sie sich von Ihrem Autorouter gegängelt, wenn er Ihnen den Weg durch unbekannte Gebiete weist? Oder sind Sie froh, dass Sie sich nicht selbst durchs Kartenmaterial wullacken müssen? Technik ist Komfort! Sie reduziert den kognitiven Druck. Und sie entlastet – gerade bei hochunsicheren Investmententscheidungen. Ist es bequem, gewöhnen sich Menschen schnell daran. Hö- ren Sie sich um – wer möchte heute wieder auf Handynavigation oder eEmpfehlungen verzichten? In nicht so ferner Zeit wird man sich daran gewöhnt haben, auch strategi- schen Geschicke eChefs zu überlassen. Was befähigt Sie zu hochkomplexen Denkleis- tungen der Unternehmensführung? ViMal: Naja, früher waren Maschinen dumm. Sie konnten nichts, was Menschen ihnen nicht zuvor haarklein beigebracht hatten. Mein Al- gorithmus ist vergleichsweise simpel, kann sich aber das Anlegen selbstbeibringen. Was ich heute kann, ist so komplex, dass es unpro- grammierbar wäre. Es ist wie bei selbstfahren- den Autos. Auch die lernen das Fahren autodi- daktisch über Analyse von Verkehrsdaten, Ausprobieren und Rückkopplung.

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